Amerika 2.0 – Enja als Return Au Pair in den USA
Ein längerer Auslandsaufenthalt ist eine einmalige Erfahrung, die einem keiner mehr nehmen kann. Doch manchmal kann es genau deshalb schmerzhaft sein, aus dieser Blase herauszukommen und daheim wieder Fuß zu fassen. Für Enja war es die beste Entscheidung, die sie hätte treffen können, als Au Pair in die USA zu gehen. Dort ist sie nicht nur Teil einer amerikanischen Familie geworden und hat viele Freunde gefunden, sie hat auch einiges vom Land bereist und viel erlebt. Zurück in Deutschland hat sie das Leben in den USA so sehr vermisst, dass sie sich kurzerhand dazu entschieden hat, als Return Au Pair zurückzukehren. Aber lassen wir sie mal selbst von vorne erzählen:

Woher weiß man eigentlich, welche Gastfamilie passt?
Ich habe 2019 meine Ausbildung zur Erzieherin abgeschlossen, neben meinen Prüfungen Interviews mit potentiellen Gastfamilien geführt und mich auf mein Au Pair Jahr vorbereitet. Die Matching-Phase war aufregend und intensiv. Ich habe mit vielen Gastfamilien Kontakt gehabt und fast hätte ich mich für eine Familie in Boston entschieden. Doch dann kam der Gastfamilienvorschlag aus Kentucky! Ehemalige Au Pairs bekommen oft die Frage: „Woher wusstest du, dass es deine Gastfamilie ist?“ Die Frage ist schwer zu beantworten und oft sagt man, dass man es einfach fühlt. Dieses Gefühl, von dem die ehemaligen Au Pairs immer geredet haben, hatte ich bei der Gastfamilie aus Kentucky.
Wir haben uns von Anfang an super verstanden, wir konnten uns unterhalten und es kam keine peinliche Stille auf. Sie waren interessiert an meinem Leben, haben mich über Skype schon an ihrem teilhaben lassen und mir eine Haus-Tour gegeben. Die Kinder waren aufgeschlossen und haben sich mit mir unterhalten. Nach dem ersten Skype-Call mit der Familie habe ich aufgelegt und konnte stundenlang nicht aufhören zu lächeln. Ich hatte ein komisches Gefühl im Bauch, so als würde ich in einer Achterbahn sitzen und gleich geht es los. Jedes Mal, wenn ich an die Gastfamilie gedacht habe und wie toll unser Skype-Call lief, machte mein Herz einen Purzelbaum. Auch nach dem zweiten und dritten Skype-Call ging die Aufregung nicht weg. Da war ich mir einfach sicher: Das ist meine Gastfamilie!

12 Monate Au Pair in den USA vergehen wie im Flug
Schließlich bin ich im Juli 2019 von Hamburg nach New York geflogen. Dort habe ich bereits während der Orientation Days internationale Freunde gefunden. Danach bin ich nach Kentucky geflogen, habe meine Gastfamilie persönlich kennengelernt und hatte einen super Start. Ich habe damals auf 3 Jungs aufgepasst. Die beiden Älteren waren zu dem Zeitpunkt 4 und 2 Jahre alt, das Baby 2 Wochen. Meine Gastmutter ist allerdings erst wieder zur Arbeit gegangen, als das Baby 3 Monate geworden ist. In den ersten drei Monaten habe ich Hand in Hand mit meiner Gastmutter gearbeitet. Sie hat mir die Gegend gezeigt, mir geholfen ein Bankkonto zu eröffnen und mit mir das Autofahren geübt.
Jeder Tag war ein voller Erfolg und ich war unglaublich glücklich. Ich habe mir fast jede Woche gesagt: „Das kann doch nicht wahr sein“ oder „Besser kann es nicht werden“. Und jede Woche wurde besser. Ich habe für ein Jahr meinen absoluten Traum gelebt, habe die amerikanische Kultur kennengelernt. Meine Gastfamilie ist zu meiner zweiten Familie geworden. Die Jungs sind mir ans Herz gewachsen und ich habe viele tolle Sachen erlebt. Halloween habe ich mit Freunden im Freizeitpark verbracht, Thanksgiving habe ich mit meiner Gastfamilie gefeiert, meinen College Kurs habe ich in Salt Lake City (Utah) gemacht. Im Februar hat mich dann meine Familie aus Deutschland besucht, sodass wir einen Roadtrip an der Ostküste unternehmen konnten.
Ich bin unglaublich dankbar für alles, was ich dort erleben durfte und dass ich die Möglichkeit hatte, meine Gastfamilie zu finden. Doch wie mein Lieblings-Superheld Iron Man so schön sagte: „Teil der Reise ist das Ende.“

Das „After Au Pair Life“
Im Juli 2020 bin ich zurück nach Deutschland geflogen, habe die letzten anderthalb Jahre im Kindergarten als Erzieherin gearbeitet. Am Ende meines Au Pair Jahres habe ich die deutsche Kultur, das Essen und meine Familie vermisst, deswegen bin ich nach Hause geflogen. Doch mir wurde ziemlich schnell klar, dass mein Zuhause schon lange nicht mehr Deutschland ist. Seither habe ich wohl jeden Tag bereut, dass ich das Au Pair Programm nicht verlängert habe.
Seitdem habe ich engen Kontakt zu meiner Gastfamilie gehalten, wir haben wohl jeden Monat gefacetimed und die Zeit verflog. Im November 2021 war das lang ersehnte Wiedersehen. Ich habe meinen kompletten Jahresurlaub gespart und bin dann für sechs Wochen nach Amerika geflogen, um Zeit mit meiner Gastfamilie zu verbringen. Es war schön, alle wiederzusehen und Thanksgiving und Weihnachten mit ihnen zu verbringen. Meine Gastmutter hat dann auch tatsächlich ihr viertes Kind bekommen – ein Mädchen! Mein Urlaub war ein Erfolg und so glücklich war ich schon lange nicht mehr. Als der Urlaub endete, bin ich zurück nach Deutschland geflogen und habe wieder als Erzieherin im Kindergarten gearbeitet. Meine Kollegen haben Witze gemacht, dass sie überrascht sind, dass ich überhaupt wiedergekommen bin. Doch ich habe erklärt, dass es nur Urlaub war und ich natürlich wieder zu meiner Kindergartengruppe zurückkehren würde. Das Leben in Deutschland geht weiter.
Doch ich habe nicht geahnt, dass meine Gastmutter mir im Februar 2022 eine Nachricht schreiben würde, die mein Leben wieder verändern sollte.

Als Return Au Pair zurück in die USA?
In den letzten anderthalb Jahren hatte meine Gastfamilie eine amerikanische Nanny. Die wollte jedoch gerne kündigen und selbst eine Familie gründen. Daher hat meine Gastmutter mich gefragt, ob ich wieder zu ihnen zurückkommen wollen würde. Mein Herz machte einen Sprung und ich konnte es nicht glauben. Trotzdem brauchte ich ein paar Tage, um darüber nachzudenken. Ich hatte einen festen Job, eine Wohnung, ein Auto und meine Kindergartengruppe, die ich ebenfalls ins Herz geschlossen habe. Ich habe viel mit meiner Gastmutter geschrieben und telefoniert und schlussendlich habe ich zugesagt. Denn ich habe insgeheim jeden Tag bereut, nicht mit ihnen verlängert zu haben und mein Herz gehört einfach nach Kentucky. Ich vermisse meine Gastkinder und das Leben, das ich in Kentucky hatte.
In den darauffolgenden Monaten ist viel passiert: Ich habe meine Wohnung gekündigt, mein Auto verkauft, hatte meine letzten Arbeitstage im Kindergarten im Juni und es hieß für mich wieder Koffer packen. Denn ich bin im Juli 2022 nach Kentucky zu meiner Gastfamilie geflogen, wo ich auf vier Gastkinder aufpasse, die nun 8, 5, 3 und 1 Jahr alt sind.

Durch das Au Pair Programm habe ich mein Englisch verbessert, neue Menschen kennengelernt und bin Teil einer amerikanischen Familie geworden. Ich habe mich persönlich weiterentwickelt. Das würde ich jedem empfehlen, auch wenn es anfangs schwer ist, den Schritt zu wagen und allein ins Ausland zu gehen. Aber wer hätte gedacht, dass ich eine Gastfamilie finden würde, die perfekt zu mir passt? Und dass sie mich anderthalb Jahre später fragen würde, ob ich zu ihnen zurückkomme, weil es ihnen genauso gut gefallen hat mit mir? Es ist, als hätte ich mit der Familie im Lotto gewonnen. Und genauso könnte es dir auch gehen! Also los, werde Au Pair und genieße die Zeit im Ausland. Diese Erfahrungen wird dir niemand nehmen können.

