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Valeries Auslandssemester in Kanada

Wie lebt es sich eigentlich als Studentin in Kanada? Valerie hat es nach dem Abi für ein Schnupperstudium ins zweitgrößte Land der Welt gezogen. Hier berichtet sie aus erster Hand vom Leben in einer kanadischen Gastfamilie, ihrem Alltag am College, über Kanada als Reiseziel und Erfahrungen, die sie nicht mehr missen möchte.

Hallo zusammen, ich bin Valerie und habe 2017 mit AIFS ein Auslandssemester in Kanada gemacht. Kanada ist ein tolles Land mit wunderschöner Natur und sehr netten Menschen. Ich habe mich für das Camosun College in Victoria entschieden, da ich unbedingt in den englischsprachigen Westen von Kanada reisen wollte. Im Osten wird häufiger Französisch gesprochen. Außerdem fand ich die angebotenen Kurse am Camosun College ansprechender und mir war Vancouver als Großstadt einfach zu riesig. Victoria dagegen ist eine kompakte Downtown umgeben von Wohngebieten und liegt direkt am Meer im Süden von Vancouver Island.

Hundeschlitten fahren

Meine Kurswahl im Auslandssemester

Bevor ich nach Kanada ging, wusste ich, dass ich im Anschluss Elektrotechnik studieren möchte und wollte deshalb ausschließlich technische Kurse belegen. Leider durfte ich als internationale Studentin nicht ganz so viele technische Kurse belegen, wie ich wollte, weshalb ich mich am Ende für Global Studies, Sustainability and Environment, Natural Hazards und Computer/Programming Literacy entschied. Natural Hazards behandelte, wie der Name schon sagt, diverse Naturkatastrophen, was ich sehr interessant fand.

In Sustainability and Environment habe ich unter anderem Ressourcenmanagement, Ökosysteme, Pipelines und die lokalen Umweltprobleme kennengelernt. In diesem Fach musste ich eine Case Study machen, wofür ich während des Semesters einen Teil eines Parks beobachten und notieren musste, wie er sich über den Zeitraum verändert. Das Ergebnis sollte dann am Ende des Semesters kreativ auf einem Posterboard präsentiert werden. Die Dozentin des Fachs zeichnete häufig Karten an die Tafel, so dass ich am Ende des Semesters den Umriss von Kanada auswendig frei Hand zeichnen konnte.

Posterboard

Computer Literacy behandelte unter anderem den Aufbau eines Computers und die Funktionsweise des Internets, ebenso wie das Rechnen mit binären Zahlen. Während der dazugehörigen Labore bekam ich eine Einführung in Microsoft Word, Excel und PowerPoint und in eine Datenbanksoftware. Global Studies würde ich als Geschichtsunterricht von der Steinzeit bis heute beschreiben, mit dem Fokus auf die interkulturellen Zusammenhänge, was ich größtenteils wirklich interessant fand. Das Fach ähnelte am meisten einer Vorlesung.

Klausuren, Clubs und College Alltag

Die anderen Fächer waren eher wie ein Schulunterricht gestaltet. Die Klassen sind mit circa 30 Studenten angenehm groß. Ich konnte im Unterricht alles gut verstehen und hatte fast keine Probleme mitzukommen. Außerdem sind die Dozenten sehr nett und hilfsbereit. Meistens waren sie eher erstaunt darüber, wie gut mein Englisch war. Ich durfte in einem Fach sogar deutsche Worte in der Klausur benutzen, wenn mir das englische Wort nicht gleich einfiel, da meine Dozentin selbst eine deutsche Studentin bei sich aufgenommen hatte.

Quebec

Allgemein sind die Klausuren, die ich am College geschrieben habe, nicht mit den Klassenarbeiten in Deutschland zu vergleichen. Vom Gymnasium war ich es gewohnt, Aufgaben mit langen Texten zu beantworten. Meine kanadischen Midterms in der Mitte des Semesters und die Finals am Ende des Semesters waren damit verglichen einfach. In drei meiner vier Fächer konnte ich die Klausuraufgaben mit ankreuzen, skizzieren, wenigen Worten oder kurzen Texten beantworten. Nur in Global Studies sollte ich pro Aufgabe mindestens eine halbe Seite schreiben. Zusammenfassend waren alle Prüfungen gut machbar, wenn man sich etwas darauf vorbereitet hatte.

Es gibt diverse College Clubs zu den unterschiedlichsten Themen, denen man beitreten kann. Ich persönlich habe allerdings keinen besucht. An einem Tag waren aber Anti-Stress-Hunde in der Aula meines Campus, was eine sehr coole Aktion war. Man konnte in seiner freien Zeit vorbeikommen und die Hunde streicheln. Ein anderes cooles Ereignis war der Erdbeben-Probealarm. Da Vancouver Island in einer Erdbebenregion liegt, gibt es hier neben einem Feuer-Probealarm auch einen Erdbeben-Probealarm.

Victorias Hafen

Von Ampeln, Bussen und anderen Besonderheiten Kanadas

Ich bin mit dem Bus zum College gefahren, was am Anfang nicht so einfach war. Das Bussystem ist etwas anders als ich es von Deutschland gewohnt bin. Es gibt gut sichtbare Haltestellen mit Schild, Häuschen und ausgehängtem Fahrplan, aber auch solche, die nur mit einem schmalen Schild mit dem Logo des Transportunternehmens gekennzeichnet sind, die man nicht auf Anhieb als Haltestelle wahrnimmt.

Keine der Haltestellen sind mit einem Namen beschriftet und sie werden während der Fahrt auch nicht durchgesagt. Stattdessen werden leise die Namen der Straßen durchgesagt, die man gerade überquert. Den Sinn dahinter habe ich nie verstanden, aber so läuft das in Victoria. Zum Glück gibt es Google Maps, was mir am Anfang sehr geholfen hat, um an mein Ziel zu kommen. Zusätzlich gibt es eine App für den Busverkehr in Victoria, die auch sehr nützlich ist. Nach wenigen Wochen hat man sich aber dran gewöhnt.

Auch die Ampeln sind in Kanada anders als in Deutschland. Anstelle des roten und grünen Männchens, gibt es hier eine rote Hand, einen Countdown und ein weißes laufendes Männchen. Beim laufenden Männchen darf man die Straße überqueren. Danach erscheint ein Countdown, der signalisiert, in wie vielen Sekunden die rote Hand aufleuchtet und man stehen bleiben soll. So kann jeder Fußgänger entscheiden, ob er es schafft, in der restlichen Zeit die Straße zu überqueren oder lieber stehen bleibt.  

Meine Gastfamilie

Während meines Auslandsaufenthaltes habe ich zusammen mit einer anderen internationalen Studentin aus Indien (mein Roommate) in einer vierköpfigen Gastfamilie gewohnt. Wir beide hatten jeweils ein eigenes Zimmer und nutzten das Bad gemeinsam. Meine Gastfamilie bestand aus meinen Gasteltern und meinen drei und fünf Jahre alten Gastbrüdern. Ich wollte unbedingt das kanadische Familienleben kennenlernen, weshalb für mich das Leben im Studentenheim nicht in Frage kam. Mit den zwei kleinen Jungs war immer Trubel im Haus und ich spielte öfter mit ihnen oder las ihnen etwas vor.

Feiertage in Kanada

Mit meiner Gastfamilie habe ich Geburtstage und sogar Weihnachten gefeiert, was ich sehr interessant fand, da man doch immer wieder Unterschiede zwischen den Kulturen feststellt. An Geburtstagen konnte ich sogar fast die ganze Familie kennenlernen, was sehr schön war. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Verwandten meist sehr an einem interessiert sind und wissen möchten, woher man kommt. Auf diese Weise entwickelt sich schnell ein Gespräch und man fühlt sich wohl unter den vielen fremden Menschen. Außerdem feierte ich Thanksgiving in Kanada. Alle Verwandten kamen zum Abendessen und brachten eine Beilage zum Truthahn mit. Es gab sehr viel Essen und demensprechend voll war ich danach auch. Immerhin wollte ich ja alles probieren!

Wie in den USA ist Halloween auch in Kanada sehr viel beliebter als in Deutschland. Schon Tage vorher sind die Häuser in der Nachbarschaft dekoriert. Während meine Gastbrüder mit ihren Eltern als Ninjas verkleidet Süßigkeiten sammelten, schnitzte ich mit meinem indischen Roommate Grimassen in Kürbisse.

Halloween Kürbisse

Den größten Unterschied habe ich an Weihnachten und Silvester festgestellt. Der 24.12. war für mich in diesem Jahr nicht so weihnachtlich wie sonst. Am Abend durften meine Gastbrüder vor dem Schlafengehen je ein Geschenk auspacken. Mit meiner Gastmutter war ich abends in der Kirche im Gottesdienst. Erst am Morgen des 25.12. wurde es richtig weihnachtlich und alle Geschenke wurden ausgepackt. Von meiner Gastfamilie bekam ich traditionell einen mit Süßigkeiten gefüllten Stocking, der über dem Kamin hing. Über Nacht hatte es sogar geschneit, was aufgrund des milden Klimas auf Vancouver Island nicht häufig vorkommt. Zum Abendessen kamen Verwandte zu Besuch und jeder brachte etwas mit. Silvester habe ich in Kanada als ziemlich unspektakulär erlebt. Außer am Hafen und Downtown wird so gut wie kein Feuerwerk um Mitternacht geschossen. Ich fand es sehr schön mit der Gastfamilie als Familienmitglied die Feiertage erleben zu dürfen.  

Was man als Collegestudent in seiner Freizeit so macht

Wenn ich nicht am College Unterricht hatte oder mit meiner Gastfamilie unterwegs war, habe ich in meiner Freizeit gerne die Stadt erkundet. In Downtown Victoria gibt es vieles zu entdecken, wie den Hafen, das Parlamentsgebäude, das Royal BC Museum (was ich sehr empfehlen kann), Einkaufszentren, Parks und Restaurants. An den Wochenenden war ich meist mit anderen deutschen Studenten oder mit meinem Roommate unterwegs. Am Anfang habe ich vor allem die Stadt erkundet und unter anderem Whale Watching gemacht. Dabei habe ich erfahren, dass man in British Columbia erst mit 19 Jahren volljährig ist. Für mich bedeutete das als 18-Jährige, dass ich für einige Events die  schriftliche Erlaubnis meiner Eltern benötigte. Dank Internet war auch das kein unlösbares Problem. Zusammen mit anderen Studenten habe ich einen Kurztrip nach Tofino gemacht, wo wir die Zeit am Strand genossen und an einem Surfkurs teilgenommen haben.

Surfen in Tofino

An anderen Wochenenden haben wir Kurztrips nach Vancouver und Seattle gemacht. Beide Städte sind von Victoria einfach mit der Fähre zu erreichen. Die Fahrt nach Vancouver ist sogar ziemlich günstig, besonders für Studenten. In Vancouver hat es zwar fast das ganze Wochenende geregnet, aber das hat uns nicht davon abgehalten, die Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Besonders empfehlen kann ich eine Radtour durch den Stanley Park und „Fly over Canada“.

In Seattle kann man ebenfalls viele Dinge erkunden, wie die Space Needle, den Public Market und die Gum Wall. Auch Victoria und Umgebung bietet vieles zum Entdecken. Vor allem die Natur ist hier wunderschön. Besonders gut gefallen hat mir der Ausflug zur Goldstream Trestle. Auf dem Weg zu der Eisenbahnbrücke läuft man durch den Wald und kommt je nach Route auch an Wasserfällen vorbei. Das Besondere an der Brücke ist, dass sie kein Geländer zum Festhalten hat. Besucher laufen nur auf den Schienen von einer Seite auf die andere ohne irgendeine Absicherung. In Deutschland wäre so eine Touristenattraktion undenkbar.  

Seattle

Nach dem Auslandssemester quer durch Kanada

Nach meinem viermonatigen Semester am Camosun College habe ich für weitere zwei Monate den Rest von Kanada alleine bereist. Abgesehen von Victoria war es im Rest von Kanada Winter geworden. Das bedeutet sehr tiefe Temperaturen und viel Schnee. Deshalb habe ich mich mit einem dicken Wintermantel ausgestattet und bin nur mit einem Handgepäckkoffer und einem Rucksack gereist. Meine Route habe ich während der letzten Wochen in Victoria geplant. Gereist bin ich mit dem Greyhound Bus und den Viarail Zügen. Nicht selten kam es vor, dass ich in Zügen übernachtet habe. Ansonsten haben ich in Hostels oder bei Bekannten gewohnt.

Von Victoria auf Vancouver Island bin ich nach Vancouver, um die Stadt nochmal genauer zu erkunden. Danach ging es nach Rossland zum Skifahren im Red Mountain Resort. In Kanada gibt es doppelt schwarze Pisten für besonders geübte Sportler. Diese führen meist durch Wälder und enthalten Sprünge von Felsen runter. Danach ging es in das kleine Städtchen Jasper, wo ich die wunderschöne schneebedeckte Landschaft beim Spazieren gehen und Hundeschlitten fahren erkundete. In Edmonton besuchte ich die größte Mall Nordamerikas. Danach folgte eine fast 3-tägige Zugfahrt nach Toronto. In Toronto angekommen, besuchte ich Sehenswürdigkeiten wie den CN Tower, das Ontario Museum und Casa Loma. In der Hauptstadt Ottawa war ich auf einem zugefrorenen Kanal Schlittschuhfahren und habe das Parlamentsgebäude besichtigt. Weiter ging es in die wunderschöne Stadt Quebec, wo ich den Winter-Karneval miterlebte und ein Eishotel besuchte. Die nächsten Stopps waren Montreal, Halifax und zuletzt die  atemberaubenden Niagara Falls.  

Ich kann es nur empfehlen, auch andere Teile von Kanada zu bereisen, egal ob Großstadt oder Kleinstadt in der Natur. Diese sechs Monate in Kanada zählen auf jeden Fall zu den schönsten Zeiten meines Lebens. Ich kann jedem ein Semester im Ausland empfehlen, unabhängig davon, ob es angerechnet werden kann oder nicht. Ich habe in der Zeit viel über mich selbst gelernt, mich weiterentwickelt und neue unbezahlbare Erfahrungen gesammelt. Ein letzter Tipp: Macht so viel wie möglich und ergreift jede Chance, die ihr bekommt, um etwas zu erleben!

Schlittschuh fahren in Ottawa