Au Pair,  USA

LIVE #10: Bossy Diva

Sophies zweiter Beitrag mit dem lieblichen Titel „Bossy Diva“ handelt von Elise (Hostkid), die Sophie regelmäßig auf die Palme bringt!Sophie 1
Damit von Anfang an kein falscher Eindruck entsteht: Ich liebe meine Hostkids, alle 3 gleichermaßen ! Aber wer bei den folgenden Geschichten hellhörig wird, kann gewiss davon ausgehen, dass bald ein kleiner Teufel (meist getarnt mit großen Kulleraugen und charmantem Lächeln) das ganze Haus auf Trab hält.

Wer den ersten Post von mir gelesen hat, weiss, dass meine Hostkids vom Alter her 8 Jahre auseinander liegen. Generell: Ich habe einen 10 jährigen Fussballspieler zu Hause, der seine Geschwister zwar über alles liebt, sich jedoch manchmal sichtlich schwer tut, den Platz im Mittelpunkt abzugeben, und Zwillinge, die eben das Klischee der klassischen Nachzügler belegen. Meine jüngste Schwester is 10 Jahre jünger als ich, ich bin also nicht ganz unvorbereitet nach Amerika gekommen. Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: Wir sprechen von einer eigenen Spezies. Eltern erleben alles, was beim Erstgeborenen passiert, als “besonders besonders”, zumindest wenn man den Erzählungen von u.a. meiner Mutter glauben darf (Ja, ich habe das “Glück”, Erstgeborene zu sein). Logisch: Das erste Mal Zähne, “Mama”, Laufen, usw. Dann kommen in den meisten Fällen 1-2 weitere Kinder, meist Wunschkinder. Dann ist der Zeitpunkt erreicht, wo die Familie “fertig” ist, und Mami sagt “Schluss damit”. Tja, und dann kommt der Nachzügler: spät, ungeplant, unerwartet. Ich schätze, das ist es, was das alles so besonders macht. “Das ist ein Geschenk, was niemand erwartet hat, das muss man schätzen.” Ich habe diesen Satz unzählige Male gehört, so auch von meiner Gastmutter. Und damit sind wir in der Gegenwart, bei meinem kleinen Teufel Elise.

Ja, zu Elise gehört Charlie, allerdings ist der das pflegeleichteste und entspannteste Kind unter 5, was ich jemals erlebt habe. Selbst er ist mittlerweile an dem Punkt, wo er einfach nachgibt, wenn seine Schwester etwas verlangt, weil er doch den Weg des geringsten Widerstandes bevorzugt. Mit Elise ist die ganze Sache nicht so einfach. Zum “Nachzügler-Syndrom”, wie ich es liebevoll nenne, kommt das Daddy-Syndrom. Falls sich das nicht von selbst erklärt: Sharpay Evans aus High School Musical? Daddy wird’s schon richten. Spätestens jetzt sollte bei jedem etwas klingeln. Auch hier sind wir übrigens schon an dem Punkt, wo Daddy selbst am Rande einer Nervenkrise steht. Die letzten 2 Wochen Sommerferien, die übrig waren, als mein Jahr im August anfing, gab es natürlich exklusive Daddy-Time in Massen, danach folgte allerdings eine Woche, in der jeder Morgen mit 20-minutigen Heulkrämpfen begann, weil “DAAAADDYYYYYYYYY” wieder ins Büro musste.

Einige Wochen später erlebte ich Elise als erstes gewalttatiges Mädchen in dem Alter, was ich bis dato gesehen hatte: Badezeit. Die gefühlt letzten 10.000 Jahre hat mein Gastvater Elise aus der Wanne geholt und angezogen, etc. und wahlweise meine Gastmutter oder ich haben uns um Charlie gekümmert. Eines Freitag abends kam nun mein Gastvater von alleine auf die Idee, dass Charlie auch mal wieder ein bisschen Daddy-Time zustände. Als Elise den Moment, in dem mein Gastvater sich Charlie statt ihr schnappte, endgültig begriffen und verarbeitet hatte, ging das Drama los. Wir starten mit Geschrei, und zwar in einer Frequenz, auf die wahrscheinlich selbst Whitney Houston neidisch gewesen wäre. Da hat sie sich so reingesteigert, dass sie sich am Badewasser verschluckt und sich übergeben hat, was die ganze Situation nicht erleichtert hat. Als meine Gastmutter und ich nun mit vereinbarten Kräften versuchten, Elise aus der Wanne zu zerren, fing diese an, um sich zu treten und zu schlagen und meiner Gastmutter, man kann es glauben oder nicht, die Lippe blutig zu treten. An diesem Punkt ist der spannende Teil der Geschichte vorbei, aber an diesem Abend schlief im ganzen Haus niemand vor 22.30 Uhr.

Nicht, dass sowas jeden Tag passiert, aber alle Kleinigkeiten summiert führen zum einen oder anderen Haareraufen. Die Diskussionen sind mit einer Wahrscheinlichkeit von 250% der Vorbote für Gekreische, Geheule und allem anderen aus der Kategorie, was man sich vorstellen kann. Was mit einem “Can I have gummy bears, pleeeaaaase” anfängt, endet mit fliegenden Trinkbechern, wenn eine unerwünschte Antwort erfolgt. “I wanna watch TV” wird zu einer beinahe atemberaubenden Bodenturn-Kür, bei der sich manche Leistungssportlerin noch was abgucken kann und selbstverständlich gibt es auch den einfachen Streik. In diesem Fall sollte man Sachen wie “Wir sind spät dran, komm jetzt und zieh deine Jacke an” lieber NICHT sagen, denn das führt möglicherweise zu “Fang mich doch, find mich doch” Spielchen im ganzen Haus.

Ja, Elise ist ein kleiner Teufel. Ja, da sind jeden Tag 1390248 Momente, wo ich am liebsten Sch**** schreien würde. Aber dann passieren folgende Dinge, wie zum Beispiel jetzt gerade: Ich sitze hier und schreibe diesen Post und die beiden sind gerade dabei, vom Mittagsschlaf aufzuwachen. Elise fängt dann meistens an zu reden und sagt Sachen wie “Sophiiiiieeee, I’m so hungryyyyy” oder sie singt Kinderlieder, was naturlich die Krönung von allem Süßen ist. Und
heute abend nach dem Bad wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach verlangen, dass DAAAADDYYYY sie anzieht und fertig macht. Aber wenn sie mir dann vor dem Hinlegen einen Kuss auf den Mund drückt und mich mit ihren grossen, überhaupt nicht teuflischen, braunen Augen anschaut und ein feines “I love you sooooo Sophie”, dann weiss ich, wofür ich mich täglich mit dem Teufel herumschlage.

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